Großer Höckerflohkrebs (Dikerogammarus villosus)
Aktualisiert am: 27.03.2023
EU-Code:
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Großer Höckerflohkrebs (Dikerogammarus villosus)
© Foto: J. Bäthe
Aussehen und Verwechslungsmöglichkeiten
Der Große Höckerflohkrebs zählt zur Ordnung der Flohkrebse (Amphipoda). Er wird bis zu 21 mm groß (Eggers & Martens 2001). Es wurden auch schon Exemplare mit einer Körpergröße von bis zu 30 mm erfasst (Nesemann et al. 1995, Tittizer et al. 2000). Die Weibchen sind deutlich kleiner als die Männchen. Die Färbung von Dikerogammarus villosus ist nicht einheitlich. Es kommen graue bis braune, einfarbige oder gestreifte Exemplare vor. Die Jungtiere sind meist blasser ausgeprägt. Die Antennen des Großen Höckerflohkrebsessind deutlich rot gefärbt (Eggers & Martens 2001). Dikerogammarus villosus weist spitze und eindeutig ausgeprägte Höcker auf der Oberseite der beiden ersten Urosomsegmente, sowie Stacheln und Borsten an den Beinplatten auf. Juvenile (junge) Exemplare können mit dem ebenfalls gebietsfremden Dikerogammarus haemobaphes verwechselt werden.
Biologie
Der Große Höckerflohkrebs gilt als Allesfresser und effektiver Räuber. Neben Detritus und Algen werden auch lebende und tote Wirbellose (andere Flohkrebse, Zuckmückenlarven, Wasserasseln etc.) gefressen (Platvoet et al. 2007). Fischeier, wie etwa von Groppen oder Flussbarschen, gehören ebenfalls zu seinem Beuteschema (Casellato et al. 2007). Die Reproduktion findet bevorzugt zwischen März und Oktober statt. Dabei werden jeweils bis zu 160 Eier gelegt (Kley & Maier 2006). Im Gegensatz zu heimischen Flohkrebsen verläuft die Entwicklung der Eier relativ schnell. Nach vier bis acht Wochen sind die Höckerflohkrebse geschlechtsreif. Im Jahr werden durchschnittlich drei Generationen produziert (Devin et al. 2004).
Herkunft und Einwanderungsweg
Dikerogammarus villosus stammt ursprünglich aus der Pontokaspischen Region. Lange Zeit wurde die Art nur bis zum Mittellauf der Donau nachgewiesen. 1992 erfolgte der erste Nachweis in der deutschen Donau (Nesemann et al. 1995). Über den Main-Donau-Kanal, der 1992 eröffnet wurde, gelangte er 1995 bereits in den Rhein (Eggers & Martens 2001). Von dort aus erfolgte die Besiedlung nord- und ostdeutscher Gewässer über Mittelland-, Oder-Spree- und Oder-Havel-Kanal bis in die Ostsee. Eine Ausbreitung aus der Pontokapsis über östliche Fluss-Kanal-Systeme (Dnjepr, Pripjet, Dnjepr-Bug-Kanal, Bug, Weichsel) fand zusätzlich statt (Bij de Vaate et al. 2002).
Lebensraum
Dikerogammarus villosus präferiert große Gewässer. Zu seinem Habitat zählen sowohl Fließgewässer, Seen als auch brackwassergespeiste Ästuare und Lagunen. In Deutschland ist er in Bundeswasserstraßen oft als dominante Art mit hohen Individuenzahlen zu finden. In Bezug auf die Wasserqualität gilt der Große Höckerflohkrebs als sehr anpassungsfähig. Er kann einen hohen Salzgehalt sowie diesbezüglich große Schwankungen tolerieren (Bij de Vaate et al. 2002). Ebenso erträgt er größere Temperaturschwankungen (Bruijs et al. 2001). Als limitierender Faktor für eine Besiedlung gelten hohe Kalium- und Magnesiumkonzentrationen (Koch 2011). Er sucht Schutz im Lückensystem von Steinen, Buhnen, Uferbefestigungen und anderem Hartsubstrat (Müller et al. 2001). Dikerogammarus villosus tritt häufig auch in Dreissena polymorpha-Kolonien auf, die ihm ebenfalls Lebensraum und Schutz bieten (Eggers & Martens 2001).
Verbreitung in Nordrhein-Westfalen
Im Rhein ist Dikerogammarus villosus inzwischen ein etabliertes Neozoon (Eggers & Martens 2008). Seit dem ersten Nachweis 1995 breitete sich der Große Höckerflohkrebs schnell und massenhaft dort aus (van Riel et al. 2006). Aus nordrhein-westfälischen Gewässerabschnitten liegen Nachweise des Großen Höckerflohkrebses spätestens seit 1996 aus dem Rhein (LANUV 2012) und der Lippe (Sommerhäuser et al. 2009) und seit mindestens Ende der 1990er aus dem Datteln-Hamm-Kanal, dem Dortmund-Ems-Kanal, der Erft, dem Mittelland-Kanal, dem Osnabrücker Stichkanal, dem Rhein-Herne-Kanal, der Ruhr, dem Wesel-Datteln-Kanal der Weser vor. Seit 2000 ist Dikerogammarus villosus aus dem Mündungsbereich der Wupper bis Opladen dokumentiert. Im weiteren Wupperverlauf fehlt er bislang (van den Boom 2009). Spätestens seit dem Jahr 2000 breitete sich der Große Höckerflohkrebs weiter in Ems, Emscher, Bislicher Ley/Reeser Altrhein, Gillbach, Haffensche Landwehr/Bislicher Ley, Hammbach, Hardtbach, Möhne, Nördliche Düssel/Kittelbach, Rappshofsmühlenbach, Schwarzbach, Stever, Weser und Xantener Altrhein aus (LANUV 2012). Eine weitere Ausbreitung in Nordrhein-Westfalen in den kommenden Jahren ist anzunehmen.