Bastard-Staudenknöterich (Fallopia bohemica (F. japonica x sachalinensis))
Aktualisiert am: 14.11.2024
EU-Code:
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Bastard-Knöterich
© Foto: A. Jagel
Aussehen und Verwechslungsmöglichkeiten
Bei dem Bastard-Staudenknöterich handelt es sich um die fertile Hybride (= Bastard) des Japan-Knöterichs (Fallopia japonica) mit dem Sachalin-Knöterich (Fallopia sachalinensis). Die morphologischen Merkmale liegen daher zwischen denen der Elternarten. Es können sich dabei die Merkmalsausprägungen mal der einen, mal der anderen Elternart nähern, auch weil Rückkreuzungen der Hybride mit den Elternarten auftreten können. Dennoch gelingt die Bestimmung, wenn man die Kombination der verschiedenen Merkmale betrachtet. Eine Übersicht über die Abgrenzung zu den Elternarten gibt die folgende Tabelle.
'https://mediathek.naturschutzinformationen.nrw.de/mediathek/files/23/183/16/41/7de2f7a55d7dd288ecce2191ce9565f0d254b229.pdf'[Tabelle zur Bestimmung von Fallopia japonica, F. x bohemica und F. sachalinensis] (nach ALBERTERNST et al. 1995, bzw. BAILEY & WISSKIRCHEN 2006, verändert)
Biologie
Beim Bastard-Knöterich handelt es sich um eine sehr schnellwüchsige Hybride, die noch wuchskräftiger als ihre Elternarten ist (Heterosiseffekt) (ALBERTERNST 1998). Trotz der Größe der Pflanzen liegt der überwiegende Teil der Biomasse unter der Erde in den etwa 2 m tief reichenden Ausläufern (Rhizomen). Hier wird der Hauptteil der Nährstoffe gespeichert. Nach dem ersten Frost im Herbst sterben die oberirdischen Pflanzenteile komplett ab und die Staude überdauert den Winter mit ihrem Rhizom als Geophyt. Sie ist vollkommen winterhart, wenn auch spätfrostempfindlich.
Der Bastard-Knöterich hat hohe Ansprüche an Bodenfeuchtigkeit und Nährstoffe, zu große Nässe schädigt auf Dauer die Vitalität der Pflanze genauso wie große Trockenheit. Seine Ansprüche an Licht sind etwas geringer als bei den Elternarten. Dadurch kann er auch stärker beschattete Bereiche besiedeln, wodurch seine Wuchskraft aber nachlässt.
Trotz Ausbildung keimfähiger Samen spielt die generative Ausbreitung in Deutschland bisher nur eine untergeordnete Rolle. Ein möglicher Grund hierfür ist, dass aufgrund der späten Blütezeit nicht regelmäßig fertile Früchte ausgebildet werden. Dies könnte sich allerdings durch eine Verlängerung der Vegetationsperiode aufgrund des Klimawandels ändern. Die Ausbreitung der Hybriden erfolgt wie bei den Elternarten bisher ganz überwiegend vegetativ über Rhizomstücke, von denen schon kleinste Stücke zu eigenen Beständen heranwachsen können. Auch die Basis der Sprosse kann sich leicht bewurzeln. Das Potential der vegetativen Regeneration ist höher als bei den Elternarten.
Herkunft und Einwanderungsweg
Die Hybride stammt nicht aus der ostasiatischen Heimat der Elternarten. Dort ist sie offenbar selbst in den ursprünglichen Überschneidungsgebieten der Elternarten nicht bekannt. Sie wurde erstmals in Europa in Böhmen (Tschechien) gefunden, wo sie 1983 gültig beschrieben wurde. Nach dem Bekanntwerden wurden Wuchsorte 1988 in England und 1993 aus Süddeutschland bekannt. Da erst Mitte der 1990er Jahre auch in deutscher Fachliteratur intensiv über den Bastard-Knöterich berichtet wurde, ist die Kenntnis der genauen Verbreitung bis heute noch sehr lückenhaft. Die Hybride dürfte jedenfalls wesentlich häufiger sein als bisher erkannt, weil sie bis zur Kenntnis ihres Vorhandenseins je nach Merkmalsausprägung einer der Elternarten zugeordnet wurde. Ebenfalls unklar bleibt, inwieweit es sich bei den verwilderten Vorkommen um Gartenverwilderungen handelt oder die Hybride in der Natur beim Aufeinandertreffen der Elternarten entstanden ist. Die weitere Ausbreitung erfolgt wie bei den beiden Elternarten im Wesentlichen durch Rhizomstücke.
Lebensraum
Der Bastard-Knöterich wächst in Mitteleuropa wie seine Elternarten insbesondere an nährstoffreichen und feuchten Standorten. Der Schwerpunkt der Verbreitung liegt an den Ufern der größeren Flüsse, wo er sich im Bereich der Staudenfluren ausbreitet und besonders an unbeschatteten Stellen dichte Dominanzbestände ausbildet. Außerhalb der Fluss- und Bachauen wächst die Art an Waldrändern und in feuchten Gebüschen sowie an Ruderalstellen wie Straßenrändern, Autobahnmittelstreifen, Industriebrachen, Bahndämmen und Böschungen. Im Vergleich zu den Elternarten ist er schattenverträglicher und daher gelegentlich auch innerhalb von Wäldern zu finden (DÜLL & KUTZELNIGG 2005).
Verbreitung in Nordrhein-Westfalen
In Nordrhein-Westfalen wurde die Hybride zunächst aus dem Aachener Stadtwald angeben (SCHMITZ & STRANK 1986) und als Reynoutria x vivax beschrieben. Diese Pflanzen stellten sich aber später als Formen des sehr variablen Sachalin-Knöterichs heraus. Die wahrscheinlich erste Angabe eines Vorkommens des Bastard-Knöterichs stammt aus dem Jahr 1993, wo die Art an der Dhünn bei Leverkusen gefunden wurde (ADOLPHI 1995). Erst nach zunehmender Sensibilisierung, auf die Art zu achten (vgl. z. B. ALBERTERNST et al. 1995, KEIL & ALBERTERNST 1995) häuften sich Mitte der 1990er Jahre während der Florenkartierung die Funde in Nordrhein-Westfalen. Die genaue Verbreitung der Hybriden in Nordrhein-Westfalen ist aufgrund der oben genannten Umstände bisher nicht bekannt (HAEUPLER et al. 2003). Der Bastard-Knöterich entsteht auch heute noch, wenn männliche Pflanzen des Sachalin-Knöterichs auf die bei uns (fast) ausschließlich auftretenden weiblichen Pflanzen des Japan-Knöterichs treffen. Die entstehenden Samen sind keimfähig, Keimlinge in der freien Natur wurdenin Nordrhein-Westfalen aber offenbar bisher nicht gefunden.